Kurzgeschichten für unterwegs - Alle Beiträge über das Land oder die Region -
Ihr habt eine stundenlange Reise mit der Bahn vor euch? Oder sitzt schon am Terminal, aber der Flieger hat Verspätung? Dann haben wir ein besonderes Schmankerl für euch! Julia, die auf diesem Blog von ihren Reisen um die Welt berichtet, veröffentlicht auf waiting is happiness regelmäßig Kurzgeschichten, mit denen ihr euch die Zeit vertreiben könnt, wenn es mal wieder länger dauert. Und das, ganz ohne ein schweres Buch im Koffer mitzuschleppen. Apropos Buch: Julia hat auch schonen einen Roman veröffentlicht – für alle, die mehr von ihr lesen wollen. „Das Leben malt in bunten Farben“* könnt ihr als E-Book zum Beispiel bei Amazon kaufen.
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Ihr Gesicht ist weiß, manchmal grau, einmal war es blau. Wie klein und verloren sie aussieht zwischen den verwaschenen Laken, eingefallen und müde. Sehnige Hände liegen schlaff auf ihrer Bettdecke, sie hat die Augen geschlossen. Rasselnd geht ihr Atem, das Geräusch ist beklemmend. Hilflos stehe ich an ihrer Seite.
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Am Freitag hatte Papa eine wichtige Besprechung, er wollte erst spät nach Hause kommen; Theo war nach der Schule mit Freunden verabredet. Was sie trieben, wollte ich gar nicht wissen. Es kam mir gelegen, dass ich das ganze Haus für mich hatte. Kaum dass es nur ersten Stunde klingelte und sich der Pausenhof leerte, machte ich kehrt und rannte zurück nach Hause.
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Papa kam erst sehr spät nach Hause, aber daran, wie schwerfällig er die Haustür aufschloss und wie schlurfend seine Schritte klangen, als er seine Turnschuhe in die Ecke pfefferte, konnte ich hören, dass sein Spaziergang nicht nach seinem Geschmack verlaufen war.
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Nach Schulschluss setzte ich mich in der Kantine mit meinem Tablett aus der Essensausgabe an den Tisch, an dem mein Bruder Theo saß. Er war vier Jahre älter als ich und stand kurz vor dem Abitur.
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Sand, Sand, ein Meer aus Sand. Er verschluckte den Horizont, kratzte auf der Haut, klebte an den langen Gewändern, in den Haaren.
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Die feine Späne sammelte sich zwischen seinen Handflächen. Behutsam fuhr er durch die Splitter, die nicht mehr scharf und rissig waren, sondern angenehm, wie Sand, der einem durch die Zwischenräume der Finger rinnt. Langsam ließ seine schwieligen die Hände mit dem Sägemehl wieder sinken, trat einen Schritt zurück.
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Kälte riss ihm die Haut von den Wangen, Tränen brannten in den Augenwinkeln, Eis verklebte Wimpern und Brauen. Der Pelz um seinen Kopf schützte ihn nicht mehr vor dem peitschenden Schnee, war getränkt von Erde, Salz, Blut, seinem eigenen Speichel. Der Lauf des Jagdgewehrs klopfte bei jedem Schritt durch das kniehohe Weiß auf seinen Rücken. Er fühlte es nicht, spürte nur noch das schwarze Loch in seinem Bauch und seiner Kehle, den Dunst in seinem Kopf. Ihm war schwindelig.
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Jeder Mensch denkt anders. Einige denken sehr rasch, andere sehr gemächlichen Schrittes. Wieder andere denken in Farben und Mustern, während das Gegenüber womöglich in Zahlen, Buchstaben oder Formeln aus beiden Komponenten denkt. Die Gedanken einiger Leute sollen sich sogar aus strengen Gerüchen, feinen Düften und Dämpfen zusammensetzen.
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Bitterer Kaffeegeruch beißt dir in der Nase, übertüncht sogar das Curry aus Pappschalen vom Vorabend, das du nicht mehr weggeworfen hast, weil du zu müde warst. Als du nach Hause kamst, in dein Zimmer, das dich manchmal an den winzigen Schuhkarton deiner Stofftierbettstätten aus Kindertagen erinnert, war es spät gewesen.
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