Die versunkene Stadt Pompeji- Lebende Antike entdecken -


Ihr Mund ist noch immer zu einem Schrei verzogen. Aus ihren Zügen spricht blanke Panik. Die Finger verkrampft um die eigenen Schultern geschlungen, eingesunken und verängstigt. Ich kann nicht mehr hinsehen und senke den Blick. Der für ewig in Stein eingeschlossene letzte Moment dieser Frau, deren Namen ich niemals kennen werde, trifft mich tief. Im längst verlorenen Pompeji kommen mir die Tränen. 

Die rote Farbe an den Wänden leuchtet, als wäre es noch kein Jahr her, dass sie auf die Steinwände aufgetragen wurde. Die ausgetrockneten Brunnen in den Gartenanlagen hinter den Wohnhäusern scheinen nur darauf zu warten, wieder mit frischem Wasser gefüllt zu werden. 

Wenn ich die Augen schließe, kann ich beinahe die Wagen hören, die über die Steinpflaster klappern; Händler, die miteinander über ein Fass Wein feilschen; Marktstände mit Kastanien, Oliven, Pfirsichen und Granatäpfeln; ich rieche den Fisch, der auf dem Marcellum gehandelt wird, nehme den Duft der parfümierten Damen war, die nach einem langen Tag in der Therme in ihre Villen schlendern und auf dem Weg beim Bäcker einen Laib Brot erstehen. Währenddessen hitzige Diskussionen im Tribunal an der Basilika, hohe Beamte entscheiden über Recht und Unrecht. Priesterinnen erweisen Jupiter im Tempel ihre Ehre und legen ihre Opfergaben dar. Über allem Musik, fremde Sprachen, jede Menge Geschrei.

Die Spuren der Wagen im Kopfsteinpflaster der fünf großen Straßen von Pompeji sind tief. An allen Enden Gebäude, einmal echte Prachtbauten, Villen, aber auch einfache Wohnquartiere und Ställe, Tavernen, Thermen, Geschäfte, Werkstätten. Das leere Amphitheater, in dem nie wieder Spiele abgehalten werden, in dem nie wieder Gesang erklingen wird. Das Haus des Fauns ist ein Palast auf 3000 Quadratmetern, der an Pracht kaum zu übertreffen ist.

Dort, wo einmal Männer die Krüge gehoben und den Barmännern Münzen über den Tresen geschoben haben, stehen heute versteinerte Krüge. Blöcke, die vielleicht einmal Regale gewesen sein könnten, davor Kerben in einer Ablage, deren Nutzen wir heute nicht mehr verstehen. 

Ein Abwassersystem, das für seine Zeit nur als bewundernswert bezeichnet werden kann.

Mit jedem Schritt durch die Straßen und Gassen werden die Ruinen für mich lebendiger.

Für 1500 Jahre lag diese blühende Stadt unter einer meterdicken Schickt aus Vulkanasche verborgen. Konserviert wurde das Leben, das Römer, Griechen, Etrusker, Samniter und Oskerner hier errichtet hatten. Die besterhaltene Ruinenstadt aus der Antike wurde erst im 18. Jahrhundert durch Kanalarbeiten unter Domenico Fontana wiederentdeckt. Die ersten wissenschaftlichen Ausgrabungen, vom neapolitanischen Königshaus unterstützt, starteten 1748, 15 Jahre danach konnte man die Stadt eindeutig als das untergegangene Pompeji identifizieren. Die Könige rissen Statuen, Schmuck und andere Wertgegenstände aus dem Isis-Tempel, der Diomedesvilla und dem Theater an sich. Niemand außer ihnen durfte sich an den Kunstschätzen aus Pompeji bereichern. In ihrem egozentrischen Wahn zerstörten die Könige Malereien und andere Kulturschätze unwiderruflich. Erst der Protest des deutschen Archäologen Johann Joachim Winckelmann sorgte dafür, dass die Gesellschaft erkannte, wie wertvoll die antiken Fundstücke wirklich waren. Man erhob die Antike zum Ideal, machte aus ihr einen wahren Kult. 

Erst 1863 schufen die wissenschaftlichen Forschungen unter Giuseppe Fiorelli neue Ausgrabungstechniken. Man fertigte die ersten Gipsabdrücke der gefundenen Toten an: ihr Todeskampf plötzlich real greifbar.

Fiorelli verdanken wir heute die kartografisch aufbereitete Unterteilung der Stätte: neun Bereiche (regiones), dazu die Häuserblöcke (insulae) und durchnummerierte Hauseingänge (domus), die zu Angaben wie V 14, 2 führen. 

Obwohl die moderne Archäologie uns dazu verholfen hat zu verstehen, was einmal in Pompeji geschah, verfällt die Stadt, die unter einem Vulkanausbruch festgehalten wurde, heute schneller denn je. Viele Teile der Ausgrabungen können wir schon nicht mehr besichtigen. In Italien werden Stimmen laut, die von schlechter Kulturpolitik sprechen, trotz millionenschwerer Unterstützung aus der EU, damit die Restaurierung weitergeführt werden kann. Es scheint, als wäre Pompeji einem neuen Untergang geweiht.

Im Herbst von 79 vor Christus erschütterte ein Erdbeben Pompeji. Große Bereiche der Stadt wurden zerstört und die ersten Bewohner verließen ihre Häuser. Das Erdbeben sorgte dafür, dass sich wenig später der Schlotpropfen des Vesuvs löste; Gase in der Magmakammer drückten von Innen gegen den Propfen, bis der Druck so groß wurde, dass die Aschewolke, Lava und Bimsstein aus dem Krater schleuderten. Dann brachte der Wind den Untergang über Pompeji. Wer bis dahin nicht von den niederregnenden Steinen erschlagen oder in seinem eigenen Haus erstickt wurde, wurde von der Glutlawine überrollt. Es gab keine Chance zu entkommen.

Nie wieder ein Besuch in den Thermen, kein Bad im Tepidarium (warm), im Caldarium (heiß) oder im Laconium (Sauna), keine Öl- und Sand-Reinigungen, keine Züge mehr durch das Natatio (Schwimmbad).

Keine Zeit blieb, um für die Nachwelt zu überliefern, welchem Zweck die Villa dei Misteri diente, die noch immer mit unzähligen Wandmalereien der griechischen Mythologie bedeckt ist. 

Menschen haben hier gelebt, geliebt, gefeiert, getrunken, gestritten, sind auf den Markt gegangen, haben gebetet, geopfert, haben ihr alltägliches Leben begangen. 10.000 von ihnen hatten hier ihr Zuhause, bis 79 nach Christus die Katastrophe eintrat, eine Stadt und ein ganzer Landstrich begraben unter Asche und Lava. Heute besuchen jedes Jahr fast zwei Millionen Menschen die untergegangene Stadt Pompeji. Warum fasziniert uns der Tod und der Verlust dieser Menschen? Warum pilgern wir zu Millionen zu diesen Stätten? Was haben wir davon, das Leid derjenigen zu entdecken, deren echtes Leben wir nie werden verstehen können?

Und die größte Frage, die mich den ganzen Tag in Pompeji nicht loslässt: Wird uns eigentlich nicht bewusst, wie sehr wir der Natur ausgeliefert sind, wie sehr wir sie ehren, achten und respektieren sollten? 

Wie viele, die neben mir Fotos schießen und an einer Führung teilnehmen, gehen durch diese antiken Straßen und wollen nur ein Häkchen auf ihrer „Italien-To-See“-Liste abstreichen? Wer von ihnen versteht, wer nimmt wirklich wahr, wer reflektiert, was hier geschehen ist?

Ich stelle mir vor, dass es vielleicht diejenigen sind, die nach ihrem Rundgang hinauf zum Vulkan fahren und am Krater stehen, in den Abgrund starren und sich bewusst machen, welchen Mächten wir ausgeliefert sind. Wie schnell eine ganze Welt versunken sein kann.

Die Archäologie ist eine faszinierende Wissenschaft. Sie macht es uns möglich, wundersame Orte zu besichtigen, die die Jahrtausende überdauert haben. Wie bedeutend sie werden, das entscheiden wir selbst, indem wir sie durch unsere Aufmerksamkeit für bedeutsam erklären. Und wie sehr ihre Geschichte uns trifft, ist sicher auch ganz persönlich. 

Dein Besuch in Pompeji

Die Ausgrabungsstätten liegen in der italienischen Stadt Pompei südlich des Vesuv. Die Stadt selbst besteht hauptsächlich aus Restaurants und Hotels und lebt vom Tourismus. Die archäologischen Stätten sind umzäunt. Du kannst nur mit einer gültigen Eintrittskarte auf das Gelände. 

Es gibt zwei Eingänge:

  • an der Porta Marina (Piazza Esedra am Bahnhof Pompei Villa dei Misteri, zu erreichen mit der Ferrovia Circumvesuviana)
  • an der Piazza Anfiteatro (ungefähr 500 Meter vom Bahnhof Pompei Santuario und 800 Meter vom Bahnhof Pompei entfernt)

Ich empfehle dir den Eingang am Amphitheater: Hier musst du kaum Schlange stehen, du startest dort, wo wenig Besucher anfangen und hast das Amphitheater für dich. Lass dich nicht von den Ticketverkäufern entlang der Straße zum Eingang beirren, die dich überzeugen wollen, es wäre dort kein Eingang — man möchte dir bloß ein teureres Ticket verkaufen und dich zur Porta Marina schicken, damit du in den Massen der Touristen aus den Reisebussen verschwindest. 

Ein einfaches Tagesticket für Erwachsene ab 25 Jahren kostet 15 Euro. Auf pompeiisites.org kannst du dich über tagesaktuelle Tarife oder Kombitickets informieren. Wenn du zwischen 18 und 25 Jahren alt bist und aus der EU stammst, erhältst du dein Ticket für 7,50 Euro. 

Es gibt keine regulären Führungen. Entweder du eignest dir im Vorfeld selbst einiges Wissen über Pompeji und seine Sehenswürdigkeiten an und besichtigst die Ausgrabungsstätten auf eigene Faust, oder du buchst dir einen Guide. Die selbstständigen Guides warten direkt am Eingang, sprechen diverse Sprachen und können dir weiterhelfen. Alternativ kannst du auch online vorab eine Tour buchen und dich mit deinem Guide verabreden. Die Preise variieren und werden von jedem Guide selber festgelegt. 

Die Ausgrabungsstätten von Pompeji sind vom 1. April bis 31. Oktober jeden Wochentag von 9 Uhr bis 19.30 Uhr geöffnet, der letzte Einlass ist eineinhalb Stunden vor Schließung. Samstags und sonntags kannst du ab 8.30 Uhr in die Stätten. 

Vom 1. November bis 31. März hat Pompeji von 9 Uhr bis 17 Uhr geöffnet. Am 1. Mai, 1. Januar und 25. Dezember ist geschlossen.

Eine gute Unterkunft direkt in Pompei ist das Hotel Pompei Be Green. Die Zimmer in dem inhabergeführten, sehr modernen und barrierefreien Hotel sind riesig, das Frühstück handgemacht und die Besitzer sehr freundlich. Von hier sind die Bahnhöfe und Ausgrabungsstätten zu Fuß ideal zu erreichen, außerdem hast du mit der Bahnverbindung ab Pompei einen tollen Ausgangspunkt für weitere Touren nach Neapel, Sorrent, an die Amalfiküste oder nach Kalabrien. 

Informationen über Pompeji

Wenn du dich vorab über Pompeji und seine Geschichte informieren möchtest, empfehle ich dir folgende Materialien: 

Deine Erlebnisse in Pompeji…

interessieren mich sehr. Berichte doch in den Kommentaren davon! 

Lebendige Antike findest du auch auf dem Blog…

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