Von wegen nur Handgepäck!- Warum wir mit 50 Kilogramm Kitegepäck um die Welt reisen -


“Ihr habt wie viel Gepäck dabei???” Diese entsetzte Frage haben wir uns in den vergangenen Wochen und Monaten öfter anhören müssen. Dabei würde ich uns eigentlich als Minimalisten bezeichnen. Schließlich ist Minimalismus doch die Beschränkung auf das Wesentliche – und Kitesurfequipment gehört für mich eben definitiv dazu. Warum?


Letzte Woche hat Julia wunderbar aufgeschrieben, warum sie nur mit dem Allernötigsten auf Reisen geht. Versteht mich nicht falsch: Ich bin ein großer Fan vom Minimalismus-Gedanken. Im Jahr vor der Kündigung meines bisher letzten Mietvertrages habe ich fast all mein Hab und Gut bei Ebay Kleinanzeigen verkauft. Und mit jedem Abholtermin wurde nicht nur mein Besitz überschaubarer, sondern auch meine Herz leichter. Ausmisten befreit enorm! Wenn ihr es noch nicht ausprobiert habt solltet ihr es unbedingt einmal tun!

“Was, das ist dein ganzes Gepäck??”, staunte dementsprechend eine Freundin kurz vor unserer Abreise beim Anblick meines kleinen Rucksacks. “Nein, dazu kommt noch die Tasche dahinten”, antwortete ich wahrheitsgemäß und zeigte auf die 1 Meter 67 lange Boardbag, die als Sperrgepäck mit mir reisen würde.

Denn die Wahrheit ist: Wir haben nur das Nötigste mit auf Reisen. Und dazu gehören eben auch zwei gigantische Taschen mit drei Surfbretter und fünf Kites – insgesamt 50 Kilogramm Sperrgepäck!

Das ist nicht nur richtig viel Gepäck, das von A nach B transportiert werden will, sondern kostet auch: Aufschläge bei Airlines (an dieser Stelle können wir Oman Airlines wärmstens empfehlen – ein Anruf genügte und schon wurde unser Surfgepäck kostenlos eingebucht) und für ein größeres Taxi, um zur Unterkunft zu gelangen – ganz zu schweigen von den Nerven an den Flughäfen, die Schiebetüren grundsätzlich auf eine Breite von 1 Meter 40 begrenzen.

Warum ich trotz allem sage, dass ich mir die Reise ohne unser Kitegepäck nicht mehr vorstellen könnte?

Weil Kitesurfen glücklich macht.

“You can’t buy happiness, but you can buy a kite – and that’s pretty close.” Denn schwerelos über den türkisblauen Ozean zu gleiten und dabei ordentlich Sonnenschein tanken, sich mutig in die Wellen stürzen (für die, die es können) und nach der Session seine Erfolge feiern ist einfach schwer zu toppen.

Weil man dank Kitesurfen im Feierabend viel besser abschalten kann.

Und das kann – glaubt es oder nicht – gerade im Ausland manchmal zur Herausforderung werden, wenn die sonstigen Freizeitangebote rar sind. Wenn nun aber jeden Tag pünktlich um 17 Uhr der Wind auffrischt, dann kann man gar nicht anders als Feierabend machen. Und die Alltagssorgen sind auf dem Wasser sowieso ganz schnell vergessen.

Weil Kitesurfen entspannt – jedenfalls den, der durchhält.

Zugegeben, am Anfang hat mich Kitesurfen total nervös gemacht. Jedes Mal, wenn ich dachte, dass ich es jetzt endlich kann, waren die Bedingungen wieder anders und ich fing gefühlt von vorne an. Inzwischen glaube ich, dass genau das das Geheimnis ist, warum alle Surfer immer so einen wahnsinnig relaxten Eindruck machen: Sie haben einfach gelernt, mit ständig wechselnden Rahmenbedingungen klar zu kommen – auf dem Wasser und im Leben.

Weil man dank Kitesurfen auch unterwegs superfit bleibt.

Ich liebe Sport, bei dem ich nicht das Gefühl habe, Sport zu machen. Kitesurfen gehört definitiv dazu. Auf dem Wasser vergeht die Zeit einfach rasendschnell und erst am Land oder sogar am nächsten Morgen merkt man, was man da eigentlich geleistet hat. Ein guter Ausgleich zum Schreibtischjob übrigens!

Weil Kitesurfen die Komfortzone erweitert.

Das weiß spätestens, wer beim Brettstart das erste Mal gefühlte zehn Meter in die Powerzone gezogen wird – die Kraft, die so ein Schirm entwickeln kann, ist am Anfang schon manchmal furchteinflößend. Dennoch bin ich überzeugt: Kiten fühlt sich nicht immer schön an, bietet aber viel Gelegenheit, um die eigenen Grenzen zu testen und zu erweitern. Ganz so wie Reisen insgesamt.

Weil man durchs Kiten im Handumdrehen Gleichgesinnte kennenlernt.

Beim Kitesurfen keine Leute kennenzulernen, ist wirklich nahezu unmöglich. Einen quetschst du über die Bedingungen am Spot aus, der nächste startet deinen Kite und der dritte landet ihn. Und weil alle irgendwie miteinander bekannt und vernetzt sind und nach dem Tag gerne noch ein Bierchen miteinander trinken, hast du ruckzug neue Bekannte, selbst wenn du erst ein paar Tage am neuen Ort bist.

Und last but not least: Wie sonst sollten wir entscheiden, welches Ziel wir als nächstes ansteuern?

Wenn dir die ganze Welt offen steht – wo fängst du dann an? Richtig, dort wo der Wind um diese Jahreszeit am besten ist. Seit wir unterwegs sind, wohnen wir immer gerade dort, wo genau die Kitebedingungen herrschen, die unserem Können entsprechen. Deshalb geht es im Oktober auch endlich nach Mauritius ;-) Dass wir dabei selbstverständlich immer ganz nah am Meer wohnen, ist ein netter Nebeneffekt, den wir beide nicht mehr missen wollen.

All diese Faktoren sind für mich definitiv gute Gründe, um auch in Zukunft im wahrsten Sinne des Wortes keine Kosten und Mühen zu scheuen, damit ich mein Kitegepäck überall auf der Welt dabei habe – auch wenn ich ab und an mal darüber fluchen werde! Geht’s euch genauso?