Frieren noch vor Sibirien- Meine Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn Teil II: Jekaterinburg – Irkutsk -


Die Kohle wird knapp, die Temperatur im Zug sinkt beständig und die Toilette riecht sowieso schon bis zum eigenen Bett. Nein wirklich, mit den glitzernden Werbefilmen hat eine Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn nicht wirklich viel gemeinsam. Doch gerade das macht das Erlebnis so authentisch. 

Jekaterinburg – Irkutsk (1778km – 5153 km)

Wieder ist es dunkel, wieder ruckelt das Bett, wieder liegen wir Vier auf engstem Raum. Dieses Mal allerdings in der zweiten Klasse und auch wirklich nur zu viert. Einen echten Komfortvorteil verspüren wir dennoch nicht – im Gegenteil: Es ist saukalt. Denn während wir uns Kilometer um Kilometer Sibirien nähern, teilt uns der chinesische Schaffner mit, dass die Kohle langsam knapp würde. Schöner Mist, jetzt heizt er nur noch in der ersten Klasse und in unserem Abteil sind es gerade einmal 14 Grad.

Kontrastprogramm zum Leben im Zug

Da bleibt nur die Erinnerung an wärmere Zeiten. Wie zum Beispiel an gestern Abend, als wir zur selben Zeit bei Pralinen und Rotwein dem Philharmonischen Orchester gelauscht und später in einem Edel-Restaurant im 51. Stock mit grandiosem Blick über Jekaterinburg diniert haben. Kontrastprogramm zu Jogginghose und Tütensuppe im Zug.

Jetzt aber sind wir zurück in der Welt, in die wir mit unseren Rucksäcken besser passen. Zurück auf sechs Quadratmetern, wenn überhaupt. Inzwischen haben wir einen Gang durch den Zug gemacht und festgestellt, dass es ziemlich egal zu sein scheint, welche Zugnummer und welche Klasse man gebucht hat. Es gibt gute Waggons der dritten Klasse, schlechte der Zweiten und die guten der Zweiten scheinen sich von denen der ersten Klasse gar nicht so wahnsinnig doll zu unterscheiden.

Die Transsib ist nichts für Weicheier

Mit Ausnahme der hygienischen Bedingungen vielleicht. Denn Duschen gibt es in der zweiten und dritten Klasse nicht, dafür je eine Toilette plus Waschbecken aus Edelstahl am Waggon-Anfang und -Ende. Manchmal, so stellen wir im Verlauf der Reise fest, sind sie sauber, häufiger aber auch nicht. Zähne putzen und sich gleichzeitig die Nase zuhalten? Klappt. Hauptsache keiner von uns verdirbt sich auf der Reise den Magen, denke ich noch, denn mehr Zeit als unbedingt nötig möchte hier ganz sicher niemand von uns verbringen.

Schon am dritten Tag wird das Leben im Zug zur Gewohnheit. Wenn wir nicht gerade aus dem Fenster schauen, dann essen, schlafen oder lesen wir. Entschleunigung pur, denn Steckdosen, Mobilnetz oder gar Internet gibt es hier nicht. „Denkt mal an all die Leute zuhause, die uns so sehr vor diesem Trip gewarnt haben“, sage ich zu den Mädels, und bei dem Gedanken daran laufen uns vor Lachen die Tränen über die Wangen. Was haben wir uns nicht alles anhören müssen! Vier junge Frauen alleine im Zug nach China, nahezu lebensmüde sei das. Und stattdessen liegen wir hier nun einfach so herum.

Routine mit Unterbrechungen an den Bahnhöfen

Ein bisschen Abwechslung in unserem zugegebenermaßen etwas monotonem Alltag bieten nur die längeren Zughalte an den Bahnhöfen, an denen wir auch aussteigen dürfen. Während der Wagenmeister dann von Radsatz zu Radsatz geht und mit einem langstieligen Hammer auf Räder und Bremsen klopft, haben wir rund zehn Minuten Zeit, um alten Frauen mit Schürzen und Kopftüchern selbstgekochtes Essen abzukaufen. Und davon gibt es reichlich. Nein, verhungern muss in der Transsibirischen Eisenbahn wirklich niemand! Einzig beeilen sollte man sich besser, denn wenn der Zugführer weiterfahren will, dann macht er das einfach. Und wer dann nicht zurück im Abteil ist, hat Pech gehabt und steht ohne Pass auf einem Bahnhof im russischen Nirgendwo.

Als es schließlich auf Mitternacht zugeht und wir immer noch bibbernd auf unseren Betten liegen, hat der chinesische Schaffner doch noch ein Einsehen mit uns und bringt uns väterlich ein paar Wolldecken für die Nacht. Und obwohl die tierisch nach Rauch stinken freuen wir uns darüber wie Kinder an Weihnachten. Noch zwölf Stunden in der Kälte, dann erreichen wir endlich Irkutsk.

Du bist jetzt richtig neugierig …

wie es uns auf der übrigen Reise ergangen ist? Natürlich möchte ich dir die anderen Teile unserer Reise nicht vorenthalten:

Der Auftakt zu einer großen Reise – Pläne schmieden für die Transsibirische Eisenbahn

Das Abenteuer beginnt – Meine Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn Teil I: Moskau-Jekaterinburg

Ausflug zur Olchon Island – Meine Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn Teil III: Olchon Island

Mit Dschingis Khan in die Mongolei – Meine Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn Teil IV: Irkutsk – Ulaanbaatar

Leben wie die Nomaden – Meine Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn Teil V: Ger-Camp

Wir werden Fernsehstars! Meine Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn Teil VI: Ulaanbaatar – Peking

Der Abschied – Meine Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn Teil VII: Peking – Heimat

Du planst selbst eine Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn?

Weil sich bei mir die Ratschläge und Tipps eher zwischen den Zeilen in der Geschichte verbergen, lege ich dir zwei Quellen sehr ans Herz, die du unbedingt für deine Planung nutzen solltest:

Falls du selbst schon mit der Transsib gefahren bist …

freue ich mich hier über deine Erfahrungen. Erzähl sie mir doch in den Kommentaren.

Und wenn du mehr von mir lesen möchtest …

folg mir doch ganz einfach auf Facebook, Instagram und Twitter. Hier lasse ich dich immer gleich wissen, sobald ich einen neuen Artikel auf dem Blog veröffentlicht habe.

*Die mit Sternchen (*) gekennzeichneten Links sind sogenannte Affiliate-Links. Wenn ihr auf so einen Affiliate-Link klickt und darüber einkauft, bekomme ich von dem betreffenden Online-Shop oder Anbieter eine Provision. Ihr bezahlt deshalb aber nicht mehr Geld.