Aus dem Geschichtenpalast- Ein Tag in Oxford -


Im Südwesten von England liegt die Stadt der träumenden Turmspitzen. Eine Stadt, so voller Magie, Architektur, Wissen und Literatur, dass es nicht verwundert, dass ihr Name weltbekannt ist. Oscar Wilde, Stephen Hawking und C.S. Lewis nannten sie zeitweise ihr zu Hause, und J.R.R. Tolkien schenkte uns mehr als nur ein paar Bücher über Hobbits, Elben und Zwerge, während er hier lehrte: Oxford. 

Ein paar Wochen bevor ich mich nach Oxford, dem altertümlichen Namen Oxanforda nach auch Ochsenfurt genannt, aufmachte, habe ich in einem Anflug von Nostalgie die BBC Serie Sherlock zum bestimmt zehnten Mal gesehen — und immer wieder begeistert mich das Konzept des Gedächtnispalast, das mein Lieblingsdetektiv so meisterlich beherrscht. Diese Mnemotechnik beruht, vereinfacht gesprochen, darauf, Wissen mit Hilfe von Bildern und Geschichten abzuspeichern. 

Nach meiner Sherlock-Hysterie stand ich dann im kühlen Säulengang des Trinity College in Oxford, hatte die Augen geschlossen, nahm die Umgebung mit meinen Sinnen wahr und dachte: Vielleicht habe ich auch so einen Palast im Kopf. Nur ein bisschen anders. 

Der Geschichtenpalast in Oxford

Wie muss es sich hier in dieser Stadt mit ihren honigfarbenen Kalksteingemäuern, ihren Türmen, den verwinkelten Gassen und versteckten Innenhöfen anfühlen? Wie lebt man hier als Student eines der 39 Colleges, abgeschottet in den heiligen akademischen Hallen, in einem ganz anderen Kosmos? Wie erlebt man Zeremonien im altehrwürdigen Sheldonian Theatre, das schon seit dem 17. Jahrhundert in Oxford steht? 

Wie gerne würde ich mit den Menschen sprechen und ihren Geschichten lauschen, die hautnah dabei waren: Bei der Uraufführung des Händel-Oratoriums Athalia 1733 im Sheldonian, bei einer Vorlesung von J.R.R. Tolkien im Pembroke College, bei einem Spaziergang mit Albert Einstein durch die Wiesen des Christ Church College, vielleicht entlang des Cherwell River. 

Ich stelle mir vor, wie die Luft in der Radcliffe Camera irgendwann im 18. Jahrhundert von alten Bücherseiten erfüllt gewesen sein muss; wie heute noch immer tausende Studenten ihre Köpfe bei schwachem Licht über ein Lehrbuch senken, wenn sie einen Lesesaal besuchen oder sich durch den unterirdischen Gang auf zur Bodleian Library machen. 

Bestimmt kamen sie im Innenhof der Bibliothek zusammen, diskutierten und philosophierten, schufen ihre bahnbrechenden, ganz eigenen Gedächtnispaläste. 

Im Trinity College wandere ich weiter durch die Kapelle, in der mich ein spontanes Privatkonzert einer Studentengruppe begrüßt. Still bleibe ich in meiner Ecke und beobachte, lausche. Über den malerischen Innenhof gelange ich dann zur Mittagszeit in den Speisesaal, es wird gerade aufgetischt — an der Stirnseite der Halle eine Tafel für die Fellows, die Dozenten des Colleges, die bei den Mahlzeiten auf ihre Schützlinge hinab schauen. 

Zurück ins Jahr 1315 katapultiere ich mich mit dem Aufstieg auf den Turm der Universitätskirche St. Mary the Virgin: Der Ausblick über die Stadt ist atemberaubend und lässt mich fast vergessen, dass ich mich 62 Meter auf einer gewundenen, beklemmend engen Treppe empor schleppen musste. Ob hier oben noch immer junge Menschen stehen, über ihr neues Zuhause schauen, Träume im Kopf, Wünsche auf der Zunge, bald erfüllt mit Geschichten, die sie einmal anderen erzählen werden? 

Oxford heute: Zurück ins 21. Jahrhundert 

Geschichten sind großartig. Und die meisten Geschichten haben auch auch etwas mit Geschichte an sich zu tun, mit der Historie eines Ortes, eines Landes, eines Lebens. Auf Reisen scheinen mich solche Geschichten wie von selbst an die Orte zu tragen, die zu ihnen gehören, um sie ganz zu verstehen. 

Wer sich dafür nicht so richtig begeistern kann, dem sei gesagt: 

Oxford ist herrlich, leicht zu Fuß zu erkunden, unbedingt einen Besuch wert, wenn ihr in UK seid und ist sehr einfach von London zu erreichen. Vom Bahnhof London Paddington fahren Züge sehr häufig am Tag in etwa einer Stunde für etwa 28 Pfund für eine Hin- und Rückfahrt nach Oxford. Busverbindungen, zum Beispiel über National Express, brauchen länger, sind aber preiswerter. 

In der Stadt selbst gibt es unzählige Walking-Touren, denen man sich anschließen kann: Eine Tour der Colleges, der Botanischen Gärten, eine Harry Potter Tour, eine Oxford Castle Tour…und auch auf eigene Faust ist die Stadt großartig zu erkunden. 

Es hängt von der Jahreszeit eures Besuchs ab, welche Colleges ihr besuchen könnt, denn wenn den Studenten Prüfungen ins Haus stehen, hält man ihnen — zum Glück —  alle anderen Besucher vom Leib.

Nehmt euch Zeit, einfach zu spazieren, hier und da in einem Café einzukehren, die Atmosphäre zu genießen, in einem netten Pub zu essen oder sich einfach nur treiben zu lassen. Füllt euren Geschichtenpalast. Dazu müsst ihr nicht Sherlock Holmes sein. 

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