Reisen kann den eigenen Blick auf die Welt schon mal ganz schön durcheinander rütteln. Ich erzähl dir heute, wie ein Kenianer mit zwei kleinen Worten meine ständige Ausflucht entlarvte und warum das Wetter für mich nicht mehr unbedingt schön ist, wenn die Sonne scheint.
Du hast keine Zeit? Das glaube ich dir nicht.
„Ich hatte noch keine Zeit dafür“, sage ich dem Straßenverkäufer, der mich fragend anblickt. „No time?“, fragt der Kenianer noch einmal, um ganz sicher zu gehen, dass er mich auch wirklich richtig verstanden hat. Und ich fühle mich ein bisschen schlecht, denn die Wahrheit ist natürlich, dass ich seine Holzgiraffe schon letzte Woche gar nicht kaufen wollte und nur vorgeschoben hatte, dass ich es mir noch einmal überlege.
Keine Zeit zu haben ist eine Erfindung des Menschen, die in Kenia noch nicht angekommen zu sein scheint. Denn natürlich haben wir alle Zeit, 24 Stunden am Tag nämlich und erst hier wird mir bewusst, wie oft wir die Zeit als Ausrede benutzen. Immer dann nämlich, wenn wir keinen wichtigen Termin haben, sondern nur freundlich umschreiben wollen: „Etwas anderes war mir wichtiger“ oder schlichtweg: „Ich hatte kein Bock“.
Richtig sollte es also heißen: „Ich habe mir die Zeit nicht genommen“ und genau das sage ich dem Straßenverkäufer jetzt auch, dessen Gesichtsausdruck sich sofort in ein Lächeln verwandelt. „Kein Problem, pole pole“, antwortet er, was so viel wie „langsam langsam“ bedeutet und vielleicht der Grund dafür ist, dass hier immer alle unendlich viel Zeit für alles haben. „Wirst du dir nächste Woche die Zeit nehmen?“, ruft er mir noch hinterher. Und wer weiß, vielleicht überlege ich tatsächlich noch einmal in Ruhe, ob sich so eine Holzgiraffe nicht doch ganz gut in der neuen Wohnung machen würde.
Wichtiger aber noch: Ich möchte mir in Zukunft Zeit nehmen – und nicht mehr warten, bis ich sie habe.
Nicht Besitz macht glücklich, sondern Gesundheit.
Wenn du schon einmal in ein Entwicklungsland gereist bist, dann hast du vielleicht auch verwundert festgestellt, dass die Menschen dort ganz schön zufrieden und glücklich schienen – und das, obwohl sie vielleicht in Wellblechhütten lebten oder gar zerrissene Kleider am Körper trugen. Besitz macht nicht glücklich, so das Fazit vieler Reisender. Ich meine: Besitz macht nicht glücklich, Gesundheit aber schon. Denn nachdem ich viele Monate in der Karibik und in Ostafrika gelebt habe, weiß ich, dass das Glück der Menschen genau dort aufhört, wo (für uns harmlose) Krankheiten lebensbedrohlich werden. Ganz einfach deshalb, weil sie sich keine Impfungen leisten können und bei einer Cholera-Epidemie einen lebensrettenden Krankenhausaufenthalt nicht bezahlen können.
Wenn es nun aber die Gesundheit und nicht der Besitz ist, die uns wahrlich glücklich macht, dann frage ich mich, warum wir in Deutschland ausgerechnet diese so oft mit Füßen treten? Indem wir Jobs machen, die wir nicht machen müssten, um zu überleben, aber die uns krank machen, so dass wir sie vielleicht nicht überleben. Und alles nur, um uns Besitz zu leisten, der uns nicht glücklich macht. Verstehst du das?
Foto: ©UNICEF/Kenia/Knowles-Coursin
Das Wetter ist schön, wenn die Sonne scheint. Oder gerade nicht.
„Bei euch ist das Wetter bestimmt schön, da scheint ja immer die Sonne“, höre ich sie in der Heimat sagen. Genau, bei uns war das Wetter in der letzten Zeit so schön, dass Kenia momentan eine riesige Dürreperiode erlebt. Zuerst sterben die Pflanzen, dann die Tiere und schließlich die Menschen.
Als der Wetterbericht eines Tages Regen ankündigt, steigt deshalb die Stimmung und die Menschen sind erleichtert. „Hoffentlich dauert die Regenzeit lange an“, sagen sie und blicken erwartungsvoll auf die dunklen Wolken am Horizont. Das Wetter wird endlich schön. Möge der Regen kommen und ganz lange anhalten.
Wow was für ein beeindruckender Beitrag! Du hast so Recht.
Ganz liebe Grüße Lena von http://allaboutlifeblog.de/