Kostbares England: Eine Reise durch York- Edelsteine einer besonderen Stadt -


…und manchmal findet man Edelsteine doch wie Sand am Meer. Sie glitzern und funkeln, bringen dich zum Staunen, und je mehr du sie im Licht der Sonne drehst und wendest, desto schöner brechen sich ihre Facetten. 

Als hätte ich, um mit Bob Dylan zu sprechen, im Zeitalter des Fiberglases endlich wieder einen echten Edelstein in den Händen, stehe ich im letzten Licht des Abends auf den historischen Stadtmauern von York. Dann geht die Sonne unter, die Glocken der gotischen Kathedrale schlagen an, und York singt sich in mein Herz. 

York Minster

Sein Name ist Roger. Er hat schon lange aufgehört, in seinem handwerklichen Beruf zu arbeiten, aber richtig zur Ruhe setzen will er sich auch nicht. Schließlich gibt es noch viel zu entdecken und zu lernen, findet er. Warum wird er dann ausgerechnet freiwilliger Tour-Guide in einer Kathedrale?

„Weil ich York Minster von ganzem Herzen liebe“, sagt er mit seiner tiefen Stimme. Seine Augen lachen mir entgegen.Sein Herzensprojekt, Gästen aus aller Welt die Kathedrale York Minster zu zeigen, macht ihn glücklich. 

Er sammelt uns am Eingang der imposanten Kathedrale ein, führt uns in die Mitte des Kirchenschiffs. Wir setzen uns, die Buntglasfenster perfekt rechts und links von uns in Szene gesetzt, und Roger erzählt: 

„Welcome to York Minster, Cathedral and Metropolitical Church of Saint Peter in York — named after the german word M-Ü-N-S-T-E-R.“ Ja, er hat seine Schwierigkeiten mit dem Umlaut; mir macht es ihn nur noch sympathischer. Ich lerne: Münster, das ist ein Wort, das man früher für Klöster nutzte.  Auch in York lebten die Mönche in einer klosterähnlichen Gemeinschaft, als sie im 13. Jahrhundert hier das Christentum verbreiteten. Ihnen ist York Minster gewidmet, ihnen und dem heiligen Petrus. 

„York Minster ist die größte mittelalterliche Kirche Englands“, führt Roger seinen Vortrag fort, „es hat 250 Jahre gedauert, bis sie fertig war. Unglaublich, nicht? Die Bauherren hatten genug Vertrauen in ihr Vorhaben, wussten, dass es atemberaubend werden würde, auch wenn sie es nie in seinem vollen Glanz sehen würden.“ 

Die Buntglasfenster sind die Lichtpunkte der Kirche. In ihnen sind nicht nur biblische Geschichten festgehalten, ich entdecke auch Drachen, abstrakte Formen, das riesige Herz im Heart of Yorkshire im Westfenster. Roger deutet nach oben: „Die Decke sieht aus wie Stein, nicht?“

Ich nicke. Er schmunzelt. 

„Ist sie aber gar nicht.“ 

„Wie?“

Das Massiv über mir, weiß und mit Schlusssteinen zwischen den einzelnen Streben versiegelt, soll nicht echt sein? 

„Sie ist aus Holz.“ 

Noch mehr Überraschungen erwarten mich im achteckigen Kapitelhaus. Ringsum sind 44 Nischen eingelassen. Roger fordert uns auf, Platz zu nehmen. 

Mit einer Taschenlampe deutet er auf die zarten Steinfiguren in jeder Nische: Grimassenziehende Gesichter, Affen, Schweineschnauzen — in einem Gotteshaus? 

„Die Künstler hatten ihren Spaß“, verrät er.

Dein Besuch in Englands größter Kirche aus dem Mittelalter 

Ein Ticket für York Minster kostet regulär 11 Pfund, ermäßigt sind es 9 Pfund. Ein Rundgang mit Roger oder einem anderen ehrenamtlichen Guide und der Besuch der Krypta sind im Ticket enthalten. Wer nicht zahlen, York Minster aber trotzdem erleben möchte, kann an einem Gottesdienst teilnehmen. Ein weiteres Ticket für 16 Pfund enthält den Aufstieg auf den Turm. 

Adresse: Deangate, York

Clifford’s Tower 

Römer, Angelsachsen, Wikinger, Normannen: Sie alle schliffen York, früher einmal Jórvik, nach ihren Vorstellungen, hinterließen ihre Zeichen, ihre Kultur. Die mittelalterliche Stadtmauer umgibt den Kern von York noch immer für rund fünf Kilometer. York Castle gibt es nicht mehr, auch der Burggraben ist verschwunden. Aber zwischen Fishergate und Skeldergate Bridge steht der Clifford’s Tower, der Bergfried von York Castle. 

Auch wenn diesen Turm viele schreckliche Geschehnisse wie Hinrichtungen und Massaker umgeben, sprießen heute Schneeglöckchen und Gänseblümchen zu seinen Füßen. 

Ein Friedensangebot, überlege ich. Ein Zeichen dafür, dass es immer weiter geht. 

Du und der Clifford’s Tower

Der Turm kann täglich zwischen 10 und 18 Uhr besichtigt werden. Der Eintritt kostet rund 6 Pfund.  Die Treppenstufen früh am Morgen aufzusteigen, wenn der Turm noch geschlossen hat, lohnt sich aber schon: Die Aussicht über die Stadtmauern und das Umland ist herrlich. 

Adresse: Tower Street, York 

Lebendige Geschichte im York Castle Museum 

Von außen unscheinbar, von innen ein Reich voller Kostbarkeiten: Selten hat mich ein Museum so begeistert. Das York Castle Museum entdecke ich zufällig, als ich auf dem Bergfried stehe und mich umsehe. Ein kurzer Besuch kann nicht schaden, finde ich. 

Und dann wandere ich drei Stunden durch die Hallen: Ich laufe durch Kirkgate, eine nachgebildete viktorianische Straße samt Kutsche, Apotheke, einer Schule, Hutmachern; entdecke das häusliche Leben in England durch die Jahrhunderte; sehe einen Speisesaal aus dem 17. Jahrhundert; werde zum Soldaten an der Somme im Graben; verlaufe mich in den alten Gefängniszellen des Debtors Prison. Noch lange geht mir der Besuch nach. 

Adresse: Eye of York, York

Shambles, Snickelways, Cafés 

Das perfekte Ende eines langen Tages? Sich treiben lassen, ganz ohne Ziel. In York geht das einmalig gut in den Shambles, einem sehr schmalen Gang aus dem 14. Jahrhundert, in dem es von Kuriositäten, Spezialitäten, wundervollen Einzelstücken und ungewöhnlichen Teegeschäften nur so wimmelt. 

Abseits dieser Hauptstraße liegen die sogenannten Snickelways, enge Gassen aus dem Mittelalter, die einmal vom Marktplatz wegführten. Dachgeschosse hängen über, Wäscheleinen zwischen den Fensterläden, kunstvoll geschnitzte Türen und hier und da ein Café, das so unscheinbar wirkt, das man es vielleicht übersehen hätte. 

Meinen veganen Essenstraum erlebe ich daher auch im Goji Café Vegetarian Café & Deli. Heißer Apfelcrumble, eine Mezze-Platte mit frischen Salaten, Schokoladentorte…ich genieße die Speisekarte rauf und runter. 

Adresse: 36 Goodramgate, York

Auch wenn es heißt, York sei die Stadt der dunklen Straßenecken und der gruseligen Geschichte: Ich habe nur Funkeln gefunden. Einen neuen Juwel für meine Sammlung im zauberhaften England. 

Reisefieber im Anmarsch

Du willst noch mehr über die englische Stadt am River Ouse erfahren? Nimm an einer täglich stattfindenden, kostenlosen Stadtführung teil! Diese starten immer um 10.15 oder 13.15 direkt vor der York Art Gallery. Wenn du eine Unterkunft suchst, lege ich ein Zimmer bei lokalen Gastgebern ans Herz, die du über airbnb buchen kannst.

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York und Du

Liebe Blogleser, stammt jemand von euch aus Nordrhein-Westfalen? Genau, euch Münsteraner meine ich! Seit 1957 hat York nämlich eine Städtepartnerschaft mit euch abgeschlossen. Zeit, eure Stadtschwester zu besuchen. Ihr ward schon einmal in York? Wir sind gespannt auf eure Geschichten. Schreibt sie uns gerne in die Kommentare. 

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