Das geht ja gut los ...- Der Camino Primitivo Etappe 1 – Oviedo bis Grado -


Es ist soweit: Unsere erste Etappe auf dem Camino Primitivo – dem härtesten aller Jakobswege – steht an! Doch der Start ist holprig … denn uns passiert etwas, das wahrscheinlich noch nie einem Pilger passiert ist! Gut, dass es die anderen Wanderer gibt!

Gegen halb 7 klingelt der Wecker, eigentlich noch ziemlich human (darauf kommen wir später noch zurück). Wir machen uns fertig, genießen ein tolles Frühstück und dürfen einen ersten, wunderschönen Sonnenaufgang beobachten. Ein passender Start für unsere erste Etappe und die Motivation steigt enorm. Die Rucksäcke sind gepackt und wir laufen los Richtung Innenstadt. Wir kaufen Wasser und irren ein bisschen umher, bis wir an der Kathedrale ankommen. Dort treffen wir zum ersten Mal auf andere Pilger, darunter auch die „blaue Frau“, die wir noch einige Male sehen sollten. Wir nennen sie so, weil sie ganz in Blau gekleidet ist und man sie schon von Weitem erkennt.

Wir laufen einmal komplett um die Kathedrale herum, bis uns ein Spanier zu erklären versucht, dass die erst um 10 Uhr öffnet. Es ist gerade halb 10 und wir verstehen zum ersten Mal, dass hier die Uhren anders ticken. Wir laufen zum Touristencenter, wo wir uns unseren allerersten Stempel abholen. Nun sind wir ganz offiziell Pilger.

Wir machen uns auf die Suche nach der ersten Muschel, die uns die nächsten Wochen den Weg weisen sollte. Auf dem Boden vor der Kathedrale werden wir schließlich fündig. Gefühlt sind wir schon fünf Kilometer gelaufen, bevor wir überhaupt den offiziellen Weg betreten.

Die Muscheln führen uns bei bestem Wetter hinaus aus der Stadt. Über kleine Stein- und Sandwege kommen wir schließlich zu einer der kleinsten Kirchen Spaniens und holen uns bei zwei älteren Herren unseren zweiten Stempel. Dort werden wir auch zum ersten Mal mit „buen camino“ verabschiedet. Ich hatte davon gelesen, war aber dennoch etwas perplex und antworte automatisch mit „buen camino“. Die beiden Männer an der Kirche lachen und wir ziehen weiter. Erst später dämmert es mir, warum sie gelacht haben: „buen camino“ sagt man eigentlich nur zu Pilgern, um ihnen Glück zu wünschen, nicht aber zu den „gewöhnlichen“ Menschen. Merke ich mir für die nächsten, die unseren Weg kreuzen.

Wir laufen insgesamt ungefähr 32 Kilometer mit nur einem Stopp, bei dem ich das erste und das letzte Mal Sidra probiere. Es ist angeblich so etwas wie ein Nationalgetränk und schmeckt wie gegorener, abgestandener Apfel-Cider. Bis zum Nachmittag bleibt es heiß, ab 17 Uhr fängt es dann leider an zu regnen, was uns aber nicht weiter stört. Der Weg zieht sich endlos hin, teilweise an Schnellstraßen entlang und mit ständigem Auf und Ab. Der Primitivo hat uns gleich am ersten Tag voll im Griff.

Dann passiert etwas, das wahrscheinlich noch nie einem Pilger passiert ist, zumindest glaube ich das, denn es ist eigentlich unmöglich und auch total unfair: Stefans Rucksack reißt am Trageriemen komplett durch und fällt auf den Boden. Einen Moment lang stehen wir da, schauen den Rucksack an und sind beide sprachlos. Wie konnte das passieren? Wie soll er so bloß noch 12 Tage laufen? Und woher zum Teufel sollen wir hier mitten in der Pampa einen Wanderrucksack herbekommen? Wir versuchen das Ganze notdürftig zu verbinden und beschließen, den Rucksack abends zu nähen.Gegen halb 7 kommen wir völlig entnervt und erschöpft in der staatlichen Herberge von Grado an. Ein kleines Städtchen, das wohl einen für nordspanische Dörfer typischen Aufbau hat – es zieht sich endlos lang hin. Wir laufen zunächst etwas irritiert am Eingang der Herberge vorbei, bis uns eine ominöse Frau hereinwinkt. Es erwarten uns acht Leute unterschiedlicher Herkunft und die Herbergsdame. Nachdem unsere Daten aufgenommen und der Stempel gesetzt wurde, freuen wir uns, endlich die Schuhe ausziehen zu können.

Der Wein steht schon auf dem Tisch, von dem aus uns die anderen Pilger neugierig begutachten. Deutsche sind nicht dabei, dafür ein Italiener, ein Schotte mit seiner Tochter, ein Slowake, eine Frau aus Südafrika und zwei Spanierinnen sowie ein Franzose. Der Italiener kocht für alle eine riesige Portion Spaghetti, doch das ist längst noch nicht alles. Es gibt Kartoffelsuppe als Vorspeise und zum Dessert Obstsalat, ein echtes Festmahl.

Wir sitzen am Tisch und schnacken, trinken Wein, lachen und machen sogar ein Gruppenfoto. Zum Schluss sind nur noch der Schotte, der Slowake und wir übrig. Wir trinken den restlichen Wein aus, reden über Gott und die Welt und die Zeit verfliegt nur so. Gegen halb 1 gehen wir schließlich ins Bett, denn um 7 werden wir zum Frühstück geweckt. Ein riesiger Schlafsaal mit alten Stockbetten, die gerne die Nacht durch quietschen, erwartet uns. Auch die Oropax werden gleich am ersten Abend eingeweiht. Dennoch sind wir dankbar für eine Schlafmöglichkeit, die wir mit einer Fünf-Euro-Spende bezahlen.

Kennst du schon den ersten Teil meiner Geschichte?

Wenn nicht, dann lies doch gleich mal hier weiter: Auf ins Abenteuer – Die Vorbereitung für den Camino Primitivo

Ist dir auch schon mal am ersten Tag deiner Reise etwas richtig Doofes passiert?

Ja die Sache mit dem Rucksack war wirklich ärgerlich – aber geht es noch schlimmer? Verrat es mir in den Kommentaren!

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