Was würdest du tun, wenn du noch 30 Minuten zu leben hättest?- Unsere Begegnung mit einer grünen Mamba -


„Is that a snake?“, ruft Pierre und dann laufen wir los. Was wir lieber nicht hätten tun sollen, denn ja, der grüne lange Strich, der sich zehn Meter vor uns auf dem roten sandigen Boden im Arabuko Sokoke Forest entlangwindet, ist eine Schlange – und was für eine. „It’s so beautiful“, sage ich gerade, als unser Guide hinter uns auftaucht. 

Wir sind höchstens zwei Meter von der Schlange entfernt, die schnell im Gebüsch verschwindet. „It’s a green Mamba, extremly venemous“ – sehr giftig also, sagt er und zückt selbst sein Handy, um ein Bild zu machen.

Eigentlich hätten wir wissen müssen, dass wir an diesem Tag eine der giftigsten Schlangen der Welt treffen würden. Denn wir alle vier, die an diesem Tag die Tour durch den Park zusammen machen, scheinen die Kaltblüter anzuziehen. Während wir beide unsere Begegnung mit einer Wasserschlange auf Martinique (ja, ebenfalls extrem giftig, aber immerhin nicht besonders angriffslustig, solange man nicht drauftritt) gerade verdaut haben, hatten Pierre und Agata in den vergangenen vier Monaten schon zweimal Besuch von zum Glück ungiftigen Arten in ihrer Unterkunft in Kenia.

Gerade zwei Tage zuvor hatten wir abends noch zusammengesessen und uns gegenseitig unsere Schlangen-Geschichten erzählt. Weil’s spät wurde und wir dann irgendwann alle zu müde waren, um um 7 Uhr morgens schon im Nationalpark zu sein, hatten wir die Fahrt kurzerhand auf den nächsten Tag verschoben.

Was für ein Glück, denn niemals hätten wir diese – und da zitiere ich meinen Onkel, der in Funk und Fernsehen als Reptilien-Experte bekannt ist – „seltene, sehr giftige und recht aggressive“ Schlange zu Gesicht bekommen.

Dabei hatte uns unser Guide wirklich keine Hoffnungen darauf gemacht, an diesem Tag überhaupt eine Schlange zu sehen. Seit 1996 arbeitet er nicht nur als Guide, sondern auch als Wissenschaftler im Arabuko Sokoke Forest und hat laut eigener Aussage in dieser Zeit insgesamt erst fünf Schlangen zu Gesicht bekommen – davon keine einzige in den letzten zehn Jahren. Das ist also seeeeehr unwahrscheinlich, hat er lachend gesagt und sich, ausgerüstet mit Fernglas und Teleskop, der Vogelwelt Afrikas gewidmet. Und auch wenn ich das anfangs für eine schlechte Alternative hielt, wusste er uns mit seiner Begeisterung in seinen Bann zu ziehen.

Ich könnte so vieles von dieser Tour berichten, von „The Small Five“ beispielsweise, die wir auf dieser Tour kennengelernt haben. Oder von der Verdauung der Elefanten. Aber das hole ich nach.

Denn jetzt, ja jetzt, erhole ich mich erst einmal von dem Schreck, der irgendwie keiner war. Warum? Weil dieses schöne Tier, das so nett gelächelt hat, einfach nicht furchteinflössend aussieht.

„If you see the smile of a green mamba, you know you will be dead“, sagen die Einheimischen hier nicht umsonst.

Was wäre wohl passiert, wenn sie uns angegriffen hätte? Obwohl es in der Region eine Schlangenfarm gibt, in der Gegengift produziert wird, hätten wir es nicht mehr rechtzeitig dorthin geschafft.

„So what would you do now if you have 30 minutes left to live?“, fragt unser Guide Jonathan uns.