Eine Heimat finden- In London nach Hause kommen -


Ich sitze vor den Nachrichten und mir fließen die Tränen. Schon wieder, London, meine Stadt. Ich wusste augenblicklich, dass ich darüber schreiben werde. Deswegen möchte ich meinen Text heute einer Stadt widmen, die einen festen Platz in meinem Herzen eingenommen hat, seit ich 2012 das erste mal dort ankam.

„Warum fährst du immer wieder nach London?“, fragen sie.

„Du hast doch schon alles in London gesehen!“, sagen sie.

„Investiere dein Geld doch mal lieber in deine Wohnung!“, schimpfen sie.

Unterstellen mir ernstzunehmende Anglophilie, wenn sie wissen, dass ich bei „God save the Queen“ und „Rule Britannia“ textsicher bin.

Ich schüttle lächelnd den Kopf.

Komisch eigentlich, dass ich mich so sehr in diese Stadt verliebt habe. London hat mir bei unserem ersten Mal 200 Pfund, Führerschein, Ausweis und EC-Karten geklaut. Ja, einfach so, direkt aus der Handtasche. Anschließend konnte ich mich davon überzeugen, dass die Londoner Polizei und das Botschaftsviertel auch sehr nett sind.

Andere wären wahrscheinlich nicht wiedergekommen, hätten sich noch wochenlang geärgert. Ich dagegen habe gelernt: Nimm deine Papiere nicht mit aus deinem Zimmer, wenn du sie nicht brauchst; lass deine Handtasche nie unbeaufsichtigt; trage nie mehr Geld mit dir herum als nötig.

Ein paar Monate später war ich wieder da. Seitdem jedes Jahr, mindestens einmal, wenn nicht mehr.

London ist meine Heimat

Wenn Menschen aus ihrer Heimat wegziehen, zum Arbeiten, zum Studieren, für die Familie, dann überkommt sie ein ganz bestimmtes Gefühl. Manche beschreiben es so:

„Es fängt im Magen an. Da kommt dieses Kribbeln, fast ein Kitzeln. Dann eine Leere. Dieses Loch verzehrt sich danach, mit dem guten Gefühl der Heimat gefüllt zu werden. Irgendwann wird man melancholisch, nostalgisch. Fängt an, immerzu an die schönsten Erinnerungen zu denken, die man in seiner Heimat verlebt hat. Man ist immer öfter abgelenkt, ertappt sich in Gedanken an die geliebte Stadt.“

Ja, ich kenne diese Sehnsucht ganz genau. Nur überkommt sie mich, wenn ich „zu Hause“ in Deutschland in meiner Wohnung sitze und mich durch Flugangebote scrolle, damit ich schnell wieder nach London verschwinden kann. Wenn ich an Heimat denke, sehe ich den Big Ben, sehe ich das London Eye. Picknicks in den Kensington Palace Gardens, Spaziergänge in Notting Hill, ein kleines Café in Marylebone. Unser Lieblingsrestaurant gleich da um die Ecke in der Heddon Street.

Ist das Heimat?

Mein Wörterbuch sagt: Heimat ist das ursprüngliche Herkunftsland einer Person oder Sache.

Nein, passt nicht.

Ein anderes Lexikon meint: Heimat ist das Land, wo man geboren wurde und aufgewachsen ist.

Das fühlt sich auch nicht ganz richtig an.

Ist Heimat denn ein starrer, feststehender Begriff, der sich nur mit diesen zwei Definitionen aufladen lässt? Kann es nicht viel mehr auch so sein:

Heimat ist ein Ort, an dem du dich „angekommen“ fühlst. Wo du du selbst bist. Wo nichts, nicht mal ein Diebstahl aus deiner Handtasche, deine Laune trüben kann?

Das ist meine Heimat: In London ist jeder willkommen, und mag die gegenwärtige politische Lage auch noch so widersprüchlich sein. Hier bist du einfach du selbst, jeder akzeptiert dich. Stehst du verloren auf der Straße, kommt ein „Darling, may I help you?“ in Sekundenschnelle. Niemand ist aufdringlich, aber alle sind respektvoll. Keiner kennt dich, aber unterschwellig weiß doch jeder, dass man etwas teilt: Die Begeisterung für die Straßen, die roten Doppeldecker, die Fassade der Westminster Abbey.

Ein Ort, der sich richtig anfühlt

Natürlich gibt es auch andere Ecken der Stadt, und ich habe auch Viertel gesehen, die nicht in einen Reiseführer passen. Trotzdem liebt man an seiner Stadt doch alles, was zu ihr gehört. Dieser Blog ein Ort, an dem Negativität, Angst und Grausamkeit keinen Platz haben sollen. Andere haben zu Genüge darüber geschrieben, in welchen Zeiten wir heute nicht aufgeben dürfen. Deswegen ist dies meine Antwort aus das, was in der Welt passiert:

Elizabeth Gilbert schrieb in ihrem Buch „Eat, Pray, Love“ davon, dass sie auf der Suche nach ihrem Wort ist. Ein Wort, das sie in ihrem Wesen und ihrem ganzen Sein erfasst. Ich liebe diesen Gedanken, möchte ihn aber erweitern. Ich glaube, dass jeder Mensch auch einen Ort suchen sollte, der sich wie das „Wort“ sofort…richtig anfühlt.

Ich habe mein Wort und meinen Ort. Will meine Zelte abbrechen und hinfahren, sie fest in meine Arme nehmen, meine Herzensstadt. Ich kann es nicht erwarten, wieder heimzukommen.

#LondonCalling

Wissenswertes

London ist eine der beliebtesten Städte Europas. Das ganze Jahr über kann man die Stadt im Süden Englands bereisen. Flüge gibt es meist schon unter 20 Euro. Der zentrale Flughafen, der auch an das Londoner U-Bahn-Netz angebunden ist, ist Heathrow. Von Gatwick, Luton oder London City fahren Züge ins Zentrum. Ideal für die erste Reise ist ein Kurztrip von 3 oder 4 Tagen. Wer sich länger in London aufhalten möchte, kann ein Blick auf Apartments von airbnb werfen, die meist günstiger zu mieten sind als ein Hotelzimmer in der Stadt. Wer einen ersten Rundgang durch die Stadt unternehmen will, der ist bei Londonwalks gut aufgehoben.

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